Klassifikation der Dysarthrien

Weitverbreitet ist die Klassifikation der Dysarthrien nach der Lokalisation der sie verursachenden Läsion bzw. nach der typischerweise damit einhergehenden Bewegungsstörung der Gliedmaßen (cf. Huber, W., 1989, Dysarthrie. In: Poeck, K., 1989, S. 138):

Klinische Bezeichnung motorische Störung Ort der Läsion
bulbäre Dysarthrie Hypotonie
schlaffe Dysarthrie
Hirnstamm
suprabulbäre D. Hypertonie
spatische Dysarthrie
absteigende motorische Bahnen, beidseitig
extrapyramidale D. Dyskinesie
dyskinetische Dysarthrien
Basalganglien, beidseitig
zerebelläre D. Ataxie
ataktische Dysarthrie
Kleinhirn
kortikale D. Hypertonie
spastische Dysarthrie
prämotorischer und motorischer Kortex und/oder absteigende motorische Bahnen, einseitig

Diese Einteilung ist jedoch nicht unproblematisch, u.a. aus den folgenden Gründen (cf. Huber, W., 1989, Dysarthrie. In: Poeck, K., 1989, S. 138f):

  • Aufgrund der komplexen Verschaltung der motorischen Systeme , die die Sprechmotorik kontrollieren, kommt es sehr selten zu reinen Formen, so wie sie oben beschrieben sind, viel häufiger findet man im klinischen Alltag Mischformen.
  • Die Generalisierung der jeweils typischen Bewegungs­störung der Gliedmaßen auf die Sprechmotorik ist nicht immer zulässig.
  • Die Sprechmotorik kann nur bedingt direkt klinisch untersucht werden (z.B. mit der Elektro­myographie, EMG). Die Klassifikation von Dysarthrien beruht daher hauptsächlich auf dem Hör­eindruck, und dieser läßt nicht unbedingt eindeutige Rück­schlüsse auf die Art der motorischen Störung zu.

Eine andere Möglichkeit, Dysarthrien zu klassifizieren, besteht darin, die übergeordnete neurologische Erkrankung als Definiens zu verwenden. Viele neurologischen Erkrankungen haben Auswirkungen auf das motorische System und damit auch auf die Sprechmotorik. So kommt es z.B. im Rahmen von Morbus Parkinson, Multipler Sklerose, Chorea Huntington etc. meist auch zu dysarthrischen Störungen. Unter der Annahme, daß verschiedene Patienten mit der selben neurologischen Erkrankung ähnliche dysarthrischen Symptome zeigen, erscheint es sinnvoll, diese Gemeinsamkeiten zu analysieren und syndrom­spezifische Dysarthrieformen zu bestimmen.

Bis jetzt orientiert sich die Beschreibung der Dysarthrien in diesem Tutorial im wesentlichen an dem ersten Klassifikations­schema (Einteilung nach generalisierter Bewegungs­störung). Das zweite Schema ist erst sehr schwach vertreten, mit der Beschreibung der Dysarthrie bei Morbus Parkinson.

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